Hartwig Stempfle – Bauingenieur
Erdbebensicher bauen … das ist auch in der Schweiz ein wichtiges Thema. Prof. Dr. Hartwig Stempfle führte an der Hochschule Luzern Technik & Architektur umfangreiche Forschungsaktivitäten durch: u.a. zum Tragverhalten von Mauerwerk unter Erdbebeneinwirkung.
Das Schöne und Faszinierende an diesem Beruf ist, dass wir an Projekten arbeiten, welche später jederzeit angeschaut und berührt werden können. Ich hatte als junger Student den Wunsch, ebenfalls so tolle Gebäude und Brücken zu bauen, wie meine Professoren es taten.
Der Beruf an sich ist unglaublich vielfältig. Das Spannungsfeld zwischen theoretischen Berechnungsmodellen und anspruchsvollen Berechnungsmethoden sowie den eher auf Low-Tech basierenden Herstellungsmethoden auf der Baustelle birgt zugleich Freude und Herausforderung. Zudem müssen Modelle und Methoden ständig weiterentwickelt werden. Als Bauingenieur ist man darüber hinaus Teil des gesamten Planungsprozesses und so stellt sich uns regelmässig die schöne Aufgabe, die berechtigten Anliegen der Kolleginnen und Kollegen aus Architektur und Gebäudetechnik in der Lösungsfindung zu integrieren. Letztlich kommt es auf eine gesamtheitliche Lösung an.
Herr Dr. Stempfle, warum sind Sie Bauingenieur geworden?
Welchen Backsteinbau hätten Sie gerne geplant und warum?
Reine Backsteingebäude werden heute nur noch selten erstellt. In der Regel bestehen die Tragwerke aus einer Kombination von verschiedenen Materialien. In ihrer Kühnheit und Eleganz faszinieren mich die sakralen Kirchenbauten, welche reine Mauerwerkstragwerke sind und Jahrhunderte lang allen Orkanstürmen, Erdbeben usw. widerstanden. Die Tragelemente dieser Bauten sind zum Teil unglaublich schlank ausgebildet. Die Tragstruktur ist klar gegliedert und der Kraftfluss gut ablesbar. Dadurch entsteht auch eine faszinierende architektonische Wirkung. Leider gibt es heutzutage kaum noch jemanden, der solche Bauten in Auftrag geben und finanzieren möchte.
Grundsätzlich sollte immer materialgerecht gebaut werden. Jedes Material hat seine Stärken und Schwächen. Es gilt, entsprechend den Materialeigenschaften intelligente Bau- und Tragwerke zu planen und zu bauen. Die Stärken der Backstein- und Lehmbauweise sind die Diffusionsdurchlässigkeit und das damit verbundene gute Wohnklima.
Für meinen Teil wünsche ich mir ein Haus mit einem massvollen Einsatz an Gebäudetechnik. Man muss sich schon die Frage stellen, ob es sinnvoll ist, ein Haus so zu dämmen, dass der massive Einsatz an Gebäudetechnik wie Lüftungsanlagen etc. notwendig wird. Wäre es nicht bedeutend sinnvoller, hier neue Wege zu gehen? Zum Beispiel kann die Fassadengestaltung dazu beitragen, den Einsatz von Gebäudetechnik auf ein vernünftiges Mass zu begrenzen. In letzter Zeit gibt es bereits einige vielversprechende Ansätze für Fassadensysteme mit Backsteinen.
In was für einem Haus möchten Sie wohnen?
Was sind die wichtigsten Zutaten für ein gelungenes Bauprojekt?
Zunächst ein Bauherr, der den gesamten Lebenszyklus des Projektes, dessen Nachhaltigkeit und die daraus entstehenden Kosten im Auge hat und nicht nur die niedrigsten Ersterstellungskosten. Des Weiteren ein gutes Planungsteam aus Architekten, Gebäudetechnikern und Bauingenieuren, welche von Anfang an gemeinsam planen und vertrauensvoll zusammenarbeiten. Last but not least braucht es ein materialgerechtes Bauen und Planen.
MURUS‑P ist eine sehr gute und sinnvolle Weiterentwicklung der bisherigen Software und man ist hier einen guten Schritt vorangekommen. Die Software verfolgt einen pragmatischen Ansatz, der aber mit nichtlinearen Finite-Element-Berechnungsmethoden nicht verglichen werden kann. Diese sind allerdings aufgrund des hohen Aufwandes in der Praxis auch nur sehr selten anzutreffen. MURUS‑P wurde fundiert entwickelt und bildet mit der Verfolgung des pragmatischen Ansatzes den jetzigen Stand des Wissens ab. MURUS‑P stellt somit im Vergleich zur Vorgängerversion eine Verbesserung bei der Nachweisführung von Mauerwerkstragwerken dar.
Die Software MURUS‑P erlaubt die erdbebensichere Bemessung von Mauerwerk. Was sagen Sie als Bauingenieur dazu?
Stempfle Consulting GmbH
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